Richtig Atmen beim Sport
Über das Thema „richtige Atmung“ denken Sportler immer wieder nach und ich werde häufig von den Teilnehmern meiner Lauftrainer-Ausbildungen und von meinen Läufern hierauf angesprochen. Während wir uns im Alltag wenig Gedanken um unsere Atmung machen (müssen), wird sie beim Sport plötzlich wichtig. Und was tagtäglich so selbstverständlich abläuft, kommt ins Stolpern, wenn wir uns darauf konzentrieren.
Erstickt ist beim Sport noch niemand, oder doch…? Wie wichtig ist die Atmung denn eigentlich wenn wir uns bewegen? Gibt es ein “Richtig” oder “Falsch”?
Unsere Atmung wird durch das vegetative Nervensystem gesteuert. Sie läuft 24/7 ganz zuverlässig und automatisch ab. Auch wenn wir schlafen atmen wir und versorgen somit unseren Körper mit dem benötigten Sauerstoff. In Ruhe atmen wir zwischen 10 und 20 Mal pro Minute. Am Tag atmen wir ca. 15.000 Liter Luft ein und wieder aus. Unter Belastung kann die Atemfrequenz deutlich steigen.
Es gibt eine Besonderheit: anders, als die anderen vegetativ gesteuerten Systeme, wie zum Beispiel Herzschlag oder Verdauung, können wir unsere Atmung willentlich beeinflussen. Wir können bewusst schneller oder langsamer atmen, oder auch flacher oder tiefer. Und wer das schon einmal bewusst gemacht hat, der hat sicher gemerkt, dass sich dann auch im Körper einiges verändert. Andersherum wirken sich aber auch bestimmte körperliche Gegebenheiten auf die Atmung aus.
- Unter Belastung wird die Atmung schneller und im optimalen Fall auch tiefer.
- Stress und Angst lassen uns flacher atmen,
- Übergewicht erschwert das Atmen und
- beim Lachen versorgen wir den Körper mit jeder Menge Luft und Sauerstoff…
In allen Entspannungstechniken spielt die Atmung eine wichtige Rolle. Ein ruhiger und tiefer Atem entspannt und beruhigt uns. Aber auch größere Belastungen können wir durch bestimmte Atemtechniken besser meistern.
All das ist Grund genug, sich um die Atmung beim Sport ein paar Gedanken zu machen.
Wenn Du Dich mit Deiner Atmung beschäftigst und Dich auf sie konzentrierst, wirst Du verschiedene Aspekte beobachten können.
- Du kannst durch die Nase oder den Mund ein- und ausatmen, oder auch gleichzeitig durch beide.
- Du kannst kurz und flach atmen und beim Einatmen nur leicht den Brustkorb heben. Oder Du kannst bis tief in den Bauch atmen, dabei hebt und senkt sich zum Brustkorb auch die Bauchdecke.
- Du kannst schnell oder langsam atmen und wirst ziemlich schnell merken, dass Dich eine langsame und gleichmäßige Atmung entspannt. Eine schnelle und flache Atmung belebt und macht Dich vielleicht sogar ein bisschen schwindelig.
- Du kannst gleichmäßig oder stoßweise atmen und laut oder leise.
Beim Sport ist es wichtig, dass Du eine Atmung findest, die Deinen Körper ausreichend mit Luft und Sauerstoff versorgt.
Ich schärfe meinen Sportlern immer wieder ein zu atmen! Das hört sich nun vielleicht lustig an, das erscheint doch selbstverständlich… Es ist jedoch interessant, dass bei Kraftübungen der Kopf plötzlich rot und röter wird und erst auf meine Aufforderung hin wieder an das Atmen gedacht wird. Beim Laufen höre ich plötzlich zischende Geräusche neben mir, oder keinen Laut, und sehe zusammengepresste Lippen oder angestrengte Gesichter.
Bei einem Intervalltraining vor einiger Zeit fiel mir auf, dass der Klient für das sehr zügige Tempo extrem ruhig und leise atmete. Nach Beendigung des Intervalls stand ich dann plötzlich in einem Vakuum… Irgendwie war es „uncool“ die Anstrengung durch lautes und tiefes Atmen zu zeigen… Quatsch! Atmen, auch lautes Atmen und sogar Schwitzen ist in meinen Trainings ausdrücklich erlaubt ????!! Nachdem wir bei den folgenden Intervallen verstärkt auf eine gleichmäßige und tiefe Atmung geachtet haben, war das Anstrengungsempfinden deutlich niedriger, ebenso die Herzfrequenz.
Eine andere Klientin beschäftigte sich beim Laufen wiederum sehr intensiv mit ihrer Atmung. Sie versuchte in einem bestimmten Takt der Schritte ein- und auszuatmen. Dabei verkrampfte sie so sehr, dass der Laufschritt alles andere als rund war und die Atmung extrem flach wurde. Dabei ging die Herzfrequenz deutlich hoch und die Pace in den Keller. Hier haben wir nun bewusst darauf geachtet, dass die Schultern tief und die Armbewegungen locker blieben, dass die Atmung bis tief in den Bauch erfolgte und vor allem unabhängig von der Anzahl der Schritte, mit Betonung auf die Ausatmung.
Ich selber stelle vor allem bei langen und lockeren Läufen fest, dass ich tatsächlich in einen bestimmten Rhythmus, gekoppelt an die Schritte, falle. Das empfinde ich als fast meditativ und kann dabei wunderbar entspannen. Aber das ist eher eine Feststellung dessen, was mein Körper automatisch macht, als dass ich es bewusst beeinflusse.
Mit diesen Beispielen möchte ich Dir zeigen, dass die Atmung durchaus Auswirkung auf Deine Leistungsfähigkeit oder Deine Psyche haben kann. Vielleicht hast Du das selbst schon einmal festgestellt.
Worauf solltest Du denn nun aber eigentlich achten? Wie sieht eine optimale Atmung aus? Gibt es die überhaupt?
Sicher kennst Du die Unterschiede zwischen der sogenannten Bauchatmung und der Brustatmung. Bei der Bauchatmung wird das Zwerchfell, unser wichtigster Atemmuskel, aktiviert und das Atemvolumen deutlich erhöht. Die Atmung ist tief und entspannt, die Bauchdecke hebt und senkt sich, ebenso der Brustkorb. Würden wir unseren Körper selbst entscheiden lassen, dann wäre das die Atmung, in die er von alleine fallen würde.
Dennoch atmen wir häufig nur mit der Brustatmung, also deutlich flacher. Das ist bei Sport, wenn wir viel Sauerstoff benötigen, jedoch eher kontraproduktiv. Zusätzlich ziehen wir bei dieser flachen Atmung häufig die Schultern leicht nach oben und sind insgesamt angespannt.
Achte also darauf, dass Du auch unter Belastung tief in den Bauch atmest. Lasse beim Laufen die Schultern locker hängen, die Arme pendeln locker in den Schultergelenken und die Atmung geht tief in den Bauch und die Flanken. Versuche auch bei hoher Belastung den Brustkorb zu öffnen. Vermeide es, den Kopf nach unten auf die Brust zu ziehen und mit den Armen vor dem Körper zu arbeiten. Dadurch machst Du Dich rund und eng und die Atmung fällt Dir schwerer. Richte Dich auf, hebe den Kopf und mache die Brust weit. So erleichterst Du Dir die Atmung.
Eine kleine Atemübung
Schließe Deine Augen und nimm Deinen Körper bewusst wahr. Beobachte einfach eine Zeit lang Deine Atmung, damit Du ein Gefühl dafür bekommst, beeinflusse sie aber nicht. Atme immer durch die Nase ein und aus.
Zu Beginn nimmst Du einen tiefen Atemzug, dann beginnst Du mit der Übung.
Atemübungen – Bauchatmung
Lege deine Hände nun auf deinen Bauch, etwa in Höhe des Bauchnabels. Atme nun dreimal tief in den Bauch ein und aus und spüre, wie sich deine Hände auf deinem Bauch heben und senken. Nimm jede Bewegung und Empfindung deines Bauches wahr.
Atemübungen – Flankenatmung
Lege deine Hände seitlich an die Rippen und atme dreimal tief in die Flanken. Spüre wieder, wie sich deine Hände mit jedem Atemzug zur Seite hin bewegen. Vielleicht spürst Du außerdem ein Kribbeln oder den Herzschlag in Deinen Handflächen.
Atemübungen – Brustatmung
Lege Deine Handflächen so auf Deine Brust, dass die Fingerspitzen in der Kerbe oberhalb Deines Schlüsselbeins aufliegen. Atme nun dreimal tief in diesen oberen Bereich deiner Brust ein. Spüre, wie sich die Schlüsselbeine dabei bewegen. Versuche deinen Atem bis tief in die Lungenspitzen wahrzunehmen.
Nun werden alle drei Phasen zur Vollatmung vereint. Du atmest dabei in einem Atemzug zuerst in den Bauch, dann in die Flanken und dann in die Brust. Achte darauf, dass es eine fließende und wellenförmige Atembewegung ist.
Du kannst auch hier wieder unterstützend Deine Hände auflegen. Mache die Vollatmung sieben Mal hintereinander und spüre danach, wie sich Dein Körper jetzt anfühlt.
So atmest Du beim Krafttraining:
Die richtige Atemtechnik kann Dir die Anstrengung beim Krafttraining deutlich erleichtern. Eine falsche Atemtechnik ist hingegen eine zusätzliche Belastung für den Körper.
Instinktiv neigst Du dazu bei hoher Belastung, z.B. beim Stemmen schwerer Gewichte, den Atem anzuhalten. Dadurch entsteht jedoch ein großer Druck auf die Gefäße, auf Herz und Lunge. Auch die Pressatmung, also das Atmen mit kurzen, flachen Atemzügen und verengten Lippen, ist nicht optimal und raubt Dir eher Kraft.
Achte beim Krafttraining darauf bei Belastung aus- und in der Entlastungsphase einzuatmen. Dabei kannst Du ruhig kräftig ausatmen und Deinen Körper so beim Kraftaufbau unterstützen.
Darauf solltest Du beim Laufen achten:
Grundsätzlich finde ich ja, je weniger wir beim Laufen auf die Atmung achten, desto besser läuft es. Aber es gibt, wie oben beschrieben, immer mal Situationen, in denen ein Fokus auf die Atmung gelegt werden sollte. Wenn die Atmung beim Laufen nicht fließt, dann ist tatsächlich meistens schon der Kopf im Spiel und der Körper reagiert. Häufig total unbewusst.
Wenn Du läufst braucht Dein Körper mehr Sauerstoff als im Ruhezustand. Logisch. Folglich beschleunigt sich der Atemrhythmus, das Atmen wird schneller, tiefer und lauter.
- Erste wichtige Regel: ATME!!! Versuche nicht, möglichst flach oder leise zu atmen, um den Spaziergängern oder Deinem Laufpartner zu zeigen, dass das ja alles “gaaaaaar nicht anstrengend” ist. Tatsächlich machst Du es damit nur noch anstrengender.
- Nächste Regel: lasse den Atem fließen und denke nicht zu viel darüber nach. Versuche nicht, Dich an einer bestimmten Schrittzahl oder dem Takt der Musik zu orientieren. Lasse Deinen Körper atmen und vielleicht achtest Du nach einer Weile dann mal darauf, was Dein Körper von sich aus macht.
- Versuche tief in den Bauch zu atmen und nutze so das komplette Atemvolumen aus. Dieses tiefe Atmen führt dazu, dass Du Dich nicht verkrampfst. Die Schultern sind locker, die Arme pendeln entspannt in den Gelenken, den Kopf trägst Du gerade und die Brust ist weit. Geht Dir beim Laufen einmal die Luft aus, dann achte im Umkehrschluss doch einmal auf Deine Haltung. Sieht noch alles so aus wie oben beschrieben? Oder sind die Schultern an den Ohren und die Arme arbeiten angestrengt vor dem Körper? Versuche das zu ändern und meistens fließt dann auch der Atem wieder leichter.
- Eine Frage, die sich immer wieder stellt, ist: atme ich durch den Mund oder durch die Nase?
Ich verstehe das Argument, dass die Luft beim Atmen durch die Nase angewärmt wird, und dass das vor allem bei kalten Temperaturen dafür sorgt, dass die Bronchien leistungsfähig bleiben.
Nun ist es bei mir aber so, dass meine Nase nach drei Schritten, egal, bei welchem Wetter, anfängt zu laufen. Für ein entspanntes “durch die Nase atmen” denkbar schlechte Voraussetzungen. Auch das Atmen durch ein Tuch finde ich äußerst unangenehm.
Auch hier finde ich, dass es schwerer wird, je mehr Gedanken Du Dir darum machst. Atme durch Mund und Nase, mit leicht und vor allem entspannt geöffneten Mund. Vermeide es, bei Anstrengung die Lippen zu verengen und die Luft hindurch zu pressen. Das kostet viel Energie und erschwert die Atmung. Bei sehr kalten Temperaturen ist es eh angebracht ein bisschen Tempo rauszunehmen. Bis dahin zeigt Dir Dein Körper recht gut was geht und was nicht. Je schneller Du wirst, je schneller und tiefer Du atmest, desto eher wirst Du durch den Mund atmen.
- Ein letzter Tipp: Lege den Fokus auf das Ausatmen, dann füllt sich die Lunge anschießend fast von alleine.
Interessant sind natürlich Sportarten, in denen das Atmen nicht so einfach ist, wie z.B. das Schwimmen oder auch das Rennradfahren, oder Sportarten, bei denen die Atmung ein wichtiger Bestandteil ist, wie z.B. beim Yoga.
Beim Schwimmen, vor allem beim Kraulschwimmen, ist die richtige Atemtechnik wichtig und wird gezielt trainiert. Nachvollziehbar, da Du hier nicht jederzeit nach Luft schnappen kannst und eine Unterversorgung mit Sauerstoff die Leistung beeinträchtigt. Auf den ganz kurzen Strecken atmen Schwimmer gar nicht. 50 Meter-Sprinter kraulen die Strecke durch, ohne die optimale Wasserlage zu verlassen und so Zeit einzubüßen. Das ist auch genau der Grund, warum das Atmen hier so intensiv trainiert wird. Jeder Atemzug stört die “Aquadynamik” und kostet wertvolle Sekundenbruchteile.
Auch, wenn Du wahrscheinlich nicht zu den Hochleistungsschwimmer gehörst, kannst Du einen Fokus auf Deine Atmung legen, damit Du ausdauernd schwimmen kannst, ohne in Luftnot zu geraten. Hier bietet sich eine “Dreieratmung” an, bei der Du nach jeweils drei Armzügen abwechselnd nach rechts und links einatmest, indem Du den Kopf entspannt auf die Seite legst. Wichtig ist es, dass Du unter Wasser die Luft locker “ausblubberst” und so in der kurzen Zeit über Wasser Zeit fürs Einatmen hast. Leerst Du Deine Lunge, solange Dein Gesicht im Wasser ist, füllt sie sich fast von alleine, sobald der Mund über der Wasseroberfläche ist.
Beim Rennradfahren wird die Atmung durch die stark vorgebeugte Sitzposition erschwert. Der Brustkorb ist eng und rund und die Bauchatmung erschwert. Achte hier auf eine gute Sitzposition, ein Bikefitting wird Dir helfen die für Dich optimale Position zu finden. Sitzt Du entspannt, achte trotz der nicht optimalen Voraussetzungen auf eine lockere und möglichst tiefe Atmung.
Beim Yoga liegt ein großer Schwerpunkt auf der Atmung, durch die die Übungen unterstützt werden. Eine gleichmäßige und fließende Atmung fördern die Fokussierung und die Entspannung. Bei vielen Yogaübungen ist die Atmung ein fester Bestandteil der Übung. Hier kann Euch ein erfahrener Yogalehrer perfekt anleiten.
Was ist denn nun mein Fazit? Gibt es ein “richtiges” Atmen?
Das Atmen ist wichtig um beim Sport und unter Belastung für ausreichend Sauerstoff zu sorgen. Ein zu großer Fokus auf die Atmung führt in den meisten Fällen jedoch dazu, dass der Atemrhythmus erst so richtig aus dem Tritt kommt.
Versuche locker und tief zu atmen und vermeide es zu verkrampfen und in ein flaches oder pressendes Atmen zu verfallen.
Aber: mache Dir nicht zu viele Gedanken darüber. Atme!
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