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Laufen für Facebook, Insta & Co.

Heute habe ich mit einer Klientin mal ein kleines Experiment gestartet.

Vor ein paar Tagen fragte sie mich warum ich aktuell so wenig laufe. Einigermaßen erstaunt fragte ich, wie sie denn darauf kommt??

“Ja, man liest ja im Moment gar nichts. Du postest gar keine Läufe, nur vielleicht mal einen Wettkampf, oder so…”

Hmmmm… da fange ich ja mal sofort an zu denken. Ich laufe viel. Täglich im Schnitt drei Stunden und mehr, mal für mich alleine mal mit Klienten. Mal lange Distanzen, mal kurz und knackig, mal mit Schwerpunkt Technik oder Trail… Mein Handy ist meistens dabei. Zur Sicherheit, damit ich erreichbar bin oder ich Hilfe rufen kann, sollte mal etwas passieren. Oder ab und zu auch mal für ein schönes Foto.


Aber muss ich jeden Lauf posten? Zählen nur noch getrackte und dokumentierte Läufe? Was für ein Stress!!!

In unserem weiteren Gespräch erzählte mir meine Klientin, dass sie eigentlich kaum einen Lauf ohne Fotopause durchläuft. Dass sie, wenn sie ehrlich ist, in Gedanken die ganze Zeit überlegt, wie sie ihren Lauf am schönsten präsentieren kann. Dass sie manchmal in Laufsachen loszieht und schon mal Fotos macht, damit sie später Motive für ihre Posts hat, auf denen sie nicht vollkommen fertig und verschwitzt aussieht. Dass sie vor ein paar Tagen nach 10 Minuten nochmal nach Hause gelaufen ist, weil sie ihre Uhr nicht gestartet hatte…

“Hörst Du bei Deinen Läufen auch mal in Dich rein, wie es Dir und Deinem Körper gerade geht? Kannst Du bei einem Lauf komplett abschalten? Ist es Dir in letzter Zeit schon mal passiert, dass Du Dich gewundert hast, wie Du an die Stelle gekommen bist, an der Du gerade bist? Hast Du die Vögel gehört oder den Regen gespürt? Hast Du Dich voll und ganz auf Deine Aufgabe beim Tempotraining und auf Deine Lauftechnik konzentriert?” Die Reaktion war erst einmal Verwunderung..

Einfach mal quietschverrückt sein

Heute waren wir quietschverrückt und haben Uhren und Handys einfach mal zu Hause gelassen. Wir sind losgelaufen – keine Ahnung wann. Wir sind gelaufen – keine Ahnung wie weit. Wir sind zurückgekommen – keine Ahnung um wieviel Uhr. Wir haben geredet und unseren Gedanken nachgehangen. Wir sind nass geworden und von der Sonne wieder trocken. Wir sind ohne Fotopause durchgelaufen und meine Klientin hat gemerkt, dass die Pause irgendwie fehlte, so sehr hatte sie sich schon an sie gewöhnt. Wir waren außer Atem und hatten müde Beine. Wir sind locker und entspannt gelaufen wenn es bergab ging und bergauf haben die Beine gebrannt. Wir haben uns wahrgenommen!

Und wir sind mit leeren Händen nach Hause gekommen. Ohne jeden Beweis für unsere Leistung, fürs Wetter, für Distanz oder Tempo. Aber erlebt haben wir alles, ich schwöre!

Meine Klientin ist eben nachdenklich nach Hause gefahren. Ich bin gespannt, was dieser Lauf für sie bewirkt. Ob es einen Post geben wird…? Ob dieser Lauf für sie zählt? Ich würde mich darüber freuen. Denn so sehen die meisten meiner Läufe aus. Ich genieße sie aus vollem Herzen. Und manchmal lasse ich andere dran teilhaben und poste einen Lauf. Und ganz oft auch nicht. Denn eigentlich laufe ich für mich.

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